Die Tore
Sieben Schwellen eines Weges, den man nicht wählt, nur erkennt.
Die sieben Tore
Diese Tore wurzeln im uralten Inanna-Mythos.
Die Göttin, die Schicht um Schicht alles fallen ließ,
bis nur noch ihr nacktes Wesen in der Tiefe blieb.
Wie sie die sieben Tore durchschritt,
so gehst auch du durch deine inneren Schwellen –
nicht, um jemand anders zu werden,
sondern um dich zu erinnern, wer du immer warst.
Tor I - Rolle
Die Schwelle der Rolle
der Moment, in dem dein Name aufhört, dich zu tragen.
Was dich sichtbar gemacht hat, verliert sein Gewicht.
Was dir Bedeutung gab, schweigt.
Hier endet das Spiel der Zuschreibungen –
und etwas in dir steht nackt da, ohne Funktion.
Tor II - Kontrolle
Die Schwelle der Kontrolle
dort, wo Steuerung ihre Macht verliert.
Du regulierst, doch es folgt nichts.
Disziplin hält, aber bewegt nicht.
Hier beginnt die Spannung ohne Richtung
und der Körper tritt in den Vordergrund.
Tor III - Scham
Die Schwelle der Scham,
wo das Selbstbild zusammenbricht.
Kein Schutz greift.
Keine Erklärung mildert den Blick.
Hier bleibt nur rohes Spüren,
ohne Ausweichbewegung.
Tor IV - Begehren
Die Schwelle des Begehrens,
wo Wollen sich nicht mehr versteckt.
Was du willst, steht vor dir ohne Maske.
Keine Fantasie, keine Geschichte trägt es.
Hier bleibt das Begehren bestehen,
auch wenn nichts daraus wird.
Tor V - Macht
Die Schwelle der Macht
dort, wo Dominanz ihre Funktion verliert.
Wirksamkeit greift ins Leere.
Begehren lässt sich nicht mehr nutzen.
Hier wird Energie spürbar ohne Ziel
und nichts lässt sich erzwingen.
Tor VI - Bindung
Die Schwelle der Bindung
verbunden bleiben ohne Besitz.
Nähe entsteht ohne Zugriff.
Distanz trägt keine Strategie.
Hier bleibt Beziehung bestehen,
ohne Anspruch, ohne Nutzen.
Tor VII - Leere
Die Schwelle der Leere, vollständige Entkleidung.
Keine Rolle antwortet.
Kein Begehren zieht.
Hier bleibt Stille ohne Richtung, reines Potenzial.
